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Mit “Kvitravn” beginnt nun ein neues Kapitel im Schaffen von WARDRUNA. Selvik spürt seinem spirituellen Totem, dem weißen Raben, der sich in seinem Pseudonym und Künstlernamen manifestiert, auf musikalische Weise nach. Dabei geht es inhaltlich im Wesentlichen um die Natur und ihren Wert, der sich materiell zwar berechnen lassen mag, wobei die ideelle Bedeutung in ihrer Wichtigkeit kaum fassbar sein dürfte.

Es geht um (wilde) Tiere, Landschaften und ihre charakteristischen Eigenheiten, Natur- und Wetterphänomene, eingewoben in die nordische Mythologie und das Streben nach dem Gleichgewicht der Kräfte. Selvik nimmt dabei durchaus Bezug auf die Gegenwart: “Im Albumkontext ist der Wolf ein Bote der Natur, von Mutter Natur. Wilde Tiere haben einen Wert und was einen Wert hat, hat auch einen Preis. Sie frei herumlaufen zu lassen hat einen Preis für uns, aber der Wert ihrer Anwesenheit ist größer. Es ist nicht gesund, sich unverwundbar zu fühlen, so wie wir es heutzutage gerne tun. Wir haben große Probleme, weil wir nicht sorgsam mit unserem Ökosystem umgehen, wir befinden uns in einem Ungleichgewicht. Wir tun zwar viele Dinge, um es zu reparieren, aber nicht das Offensichtliche, nämlich im Gleichgewicht mit dem Ökosystem zu leben.“

Wer das Schaffen von WARDRUNA und Selvik in der Vergangenheit verfolgt hat, sei es bei der „Runaljod-Trilogie“, auf „Skald“, seiner Beteiligung als Komponist des Soundtracks zur Kult-Serie „Vikings“, sein Soloprojekt Snake Pit Poetry oder die „Skuggsjá“- und „Hugsjá“-Alben, die er zusammen mit Ivar Bjørnson von Enslaved veröffentlicht hat, der bekommt, was man nach dieser Variabilität aus dem Füllhorn der Selvik´schen Einflüsse erwarten darf. Die Intimität und das Kauzig-Knorrige, das urige Feeling, bei dem man das Unterholz fast riechen und schmecken, die Landschaft und die Witterung sowie die spirituelle Magie fühlen und spüren konnte, ist im Vergleich zur Trilogie zwar etwas in den Hintergrund getreten. Stattdessen entfaltet die Ode an den weißen Raben jene Dynamik und jene Breite, die bei den Live-Auftritten von WARDRUNA diesen mystischen Sog entfacht, dem man sich kaum zu entziehen vermag.

Das Album ist in seiner Qualität und atmoshärischen Dichte einmal mehr einzigartig, was den hohen Anspruch des Ausnahme-Künstlers unterstreicht, der sich neben der erneuten Unterstützung durch Sängerin Lindy-Fay Hella wiederum mit zahlreichen musikalischen Koryphäen auf der Gästeliste umgeben hat. Dabei wird Selvik nicht müde, zu betonen, dass es sich bei seiner Musik eben nicht um norwegische Volksmusik handelt, sondern dass seine Kunst „nur“ auf deren Elementen aufbaut.

Eigentlich sollte man keine Songs herausheben. Wer jedoch bisher noch keine Berührungspunkte mit WARDRUNA gehabt hat, der sollte beim überragenden Titeltrack „Kvitravn“ oder bei „Skugge“ ansetzen, die eine ähnliche Macht wie „Hellvegen“ entwickeln.

Rein künstlerisch stehen WARDRUNA also nach wie vor allein auf weiter Flur. Daher erscheint der Schritt zum Major Sony nur konsequent und logisch. Auch wenn der direkte stilistische Vergleich hinken und die Zeit an dieser Stelle erst Gewissheit bringen mag: Selvik wandelt mit seiner Musik in dieser Form aus meiner Sicht auf den Spuren von Dead Can Dance. Und wohlwollender kann man auf die Qualität eines Albums kaum hinweisen.


Wardruna – Kvitravn _ Official Video:

Kategorie

V.Ö.

22. Januar 2021

Label

Sony Music / Columbia

Spielzeit

65:45

Tracklist

Synkverv (Turn-sight)
Kvitravn (White Raven)
Skugge (Shadow)
Grá (Grey)
Fylgjutal (Speech of the Fylgja)
Munin (Memory)
Kvit hjort (White Stag)
Viseveiding (Song-hunting)
Ni (Nine)
Vindavlarljod (Song of the wind-bred)
Andvevarljod (Song of the Spirit-weavers)

Line Up

Gesang und alle Instrumente – Einar Selvik
Gesang – Lindy-Fay Hella
Gastmusiker:
Gesang – Kirsten Bråten Berg
Gesang – Sigrid Bråten Berg
Gesang – Ingebjørg Lognvik Reinholdt
Ziegenhorn und Weidenflöte – Eilif Gundersen
Geige und Gesang – Unni Løvlid

Bewertung

1

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