Wenn Bands ein Album nach sich selber benennen, ist das entweder das allerste Album, mit dem man verkündet "Hier sind wir, das ist unsere Musik", oder es ist ein Longplayer, der an einer bestimmten Wegmarke die Rückbesinnung auf alte Werte oder einen Paradigmenwechsel betonen möchte. TOCOTRONIC bringen nach dem selbstbetitelten "weißen Album" (etwaige Parallelen zu den BEATLES sind wahrscheinlich rein zufällig oder unbeabsichtigt) nun das "rote Album" heraus, das tatsächlich einen revolutionären Umbruch markieren soll, denn der Longplayer soll die erste Pop-Platte der Hamburger sein, deren Ergebnis "Liebe sein werde".
Nun, ja, klingt alles schön und gut, aber die besseren Titel, wären so auch schon auf dem Meisterwerk "Schall und Wahn" oder auf "Wie wir leben wollen" vorstellbar gewesen. Das genial-akustische 'Solidarität' ist nahezu ein Wiedergänger von 'Im Zweifel für den Zweifel', inklusive der Streicherarrangements. Auch 'Spiralen' ist ein typischer TOCOTRONIC-Song, charakteristische, gesetze Bass- und Drumsläufe, eine gehörige Portion Nachdenklichkeit mit pittoresken verzaubernden Passagen. 'Sie irren' gehört auch auf diese Liste, druckvoller Bass, melancholische, mitunter ruppige Gitarren im Verein mit den wiedererkennbaren Soli. Das quirlige, tanzbare 'Zucker' gemahnt ein weinig an 'Bitte Oszillieren Sie'. Und auch das balladeske 'Diese Nacht' kann durchaus überzeugen.
Worin jetzt der Paradigmenwechsel begründet liegt, erschließt sich mir jetzt nicht so wirklich. Okay, man findet eine ganze Menge Anspielungen auf JOY DIVISION, NEW ORDER ('Ich öffne mich') und die poppigen THE CURE der 80er Jahre ('Die Erwachsenen', 'Haft'), die Keyboards nehmen einen weitaus größeren Raum ein als auf früheren Alben, ACHIM REICHEL könnte bei 'Jungfernfahrt' Pate gestanden haben, aber auch das möglicherweise programmatisch zu verstehende 'Prolog' ist jetzt kein Song, nach dem die Geschichte der Band umgeschrieben werden müsste. Gleiches gilt für 'Rebel Boy' mit seiner vor sich herplätschernde Melodik, die sich gekonnt im Spannungsfeld von belanglos und boring bewegt. Dafür eignet sich schon eher 'Ich öffne mich', eine herrliche Symbiose aus barocker Poppigkeit und atmosphärischer Düsternis, ein Track, der in den frühen 90er Jahren sicherlich die ersten Chartplätze erobert hätte.
Kurz: Das "rote Album" lässt einen mehr als ratlos zurück. Man braucht eine gehörige Portion Durchhaltewillen. War nach dem ersten Hören ein Verriss geplant, stiegen nach jedem weiteren Durchlauf die Sympathiewerte deutlich an und auch die nicht für gut befundenen Lieder entfalteten nach und nach ihren Reiz. Wer aber den frühen TOCOTRONIC nachtrauert, sollte sich zumindest den Non-Album-Track 'Moder' besorgen, denn da wird noch richtig gerockt!
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Kategorie
V.Ö.
Label
Spielzeit
Tracklist
01. Prolog
02. Ich öffne mich
03. Die Erwachsenen
04. Rebel Boy
05. Chaos
06. Solidarität
07. Spiralen
08. Sie irren
09. Haft
10. Zucker
11. Jungfernfahrt
12. Diese Nacht
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Line Up
Dirk von Lowtzow (Gesang, Gitarre)
Jan Müller (Bass)
Rick McPhail (Gitarre)
Arne Zank (Schlagzeug)
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