Nach der Renaissance der Nick Holmes'schen Growls und der doomigen Düsternis war man drei Jahre nach der Veröffentlichung von 'Medusa' überaus gespannt, in welche Richtung die zarten Ausbruchsversuche dieses Mal gehen würden. Da hätte vielleicht das Cover schon etwas erahnen lassen. Denn „Obsidian“ kommt um einiges schwermütiger und düsterer, aber nicht unbedingt härter daher. So besticht der Rausschmeißer 'Ravenghast' durch seine präzisen, entschleunigten, dadurch aber umso hypnotischeren Riffs, die ihr zerstörerisches Werk unentrinnbar wie ein gemächlich fahrender Panzer verrichten, alles garniert mit den unverkennbaren Trademarks der Band wie die bluesigen Gitarrensoli oder das einzigartige Wechselspiel von brachialer Brutalität und melodischer Eingängigkeit sowie von gefühlvoll klaren und infernal unklaren Vocals.
Der Opener 'Darker Thoughts' dokumentiert dann eine freudige Verspieltheit ungeahnten Ausmaßes. Es gibt ein Mehr an Streichern, ein Mehr an düsterer Melancholie, es gibt wabernde „THE-CURE-ige“ und klassischere, weniger soulige Gitarrensoli. Weltklasse. Das, was die Gerste für das Bier, das ist 'Fall From Grace' für PARADISE LOST. Der typische Klassiker mit Hitpotenzial, der auf jedem Album der letzten Jahre seinen Platz gefunden hätte. Und wenn dann noch der Kollege Zwingelberg, der nach „Icon“ fast kein gutes Wort mehr über die Briten verloren hat, sich mit den Worten, der Track 'Ghost' ist mehr M'era Luna als Wacken, aber nicht übel, äußert, dann kommt das wahrlich einem Ritterschlage gleich.
Schermütig, sehnsuchtsvoll, aber immer mit gehöriger Durchschlagskraft, so zeigt sich 'The Devil Embraced'. Ein leicht „SISTER-OF-MERCYges“ elektronisches Intro, hammermäßige treibende Riffs und eine hymnische Genialität zeichnen 'Forsaken' aus. Meines Erachtens der beste Song des Albums. 'Serenity' ist dann ein überaus tiefgründiger und intensiver Song, der etwas monolithischer ist, in 'Ending Days' wird gekonnt der Melancholie und Traurigkeit gefrönt, natürlich immer auch mit hoffnungsvoll aufmunternden Passagen, 'Hope Dies Young' schließlich besticht durch seinen dark-rockigen Charakter.
Fazit: Die Gothic-Metal-Veteranen von PARADISE LOST bleiben sich als AC/DC ihres Genres mehr als treu, indem sie ihren genuin einzigartigen Sound, der auf „Obsidian“ vor Dynamik, Frische und Intensität nur so strotzt, behutsam mit neuen Impulsen in ungeahnte Höhen katapultieren. Oder wie es der Kollege Zwingelberg so schön ausgedrückt hat: mehr M'era Luna als Wacken...
Kategorie
V.Ö.
15. Mai 2020
Label
Nuclear Blast
Spielzeit
Tracklist
01. Darker Thoughts
02. Fall From Grace
03. Ghosts
04. The Devil Embraced
05. Forsaken
06. Serenity
07. Ending Days
08. Hope Dies Young
09. Ravenghast
Line Up
Nick Holmes - Vocals,
Greg Mackintosh - Lead Guitar,
Aaron Aedy - Rhythm Guitar,
Steve Edmondson - Bass Guitar,
Waltteri Väyrynen – Drums