Im Bereich des Metal, immer schon als Bastion des revolutionären Fortschritts verschrien, ist man da schon eine Stufe weiter, wenn man nur an Space- oder Ambient-Metal denkt. Die Kombination aus fetter, hookiger Brachialität mit überaus eingängigen Melodien und dancefloorigen, disco-elektronischen Elementen kann deshalb nicht mehr sonderlich verwundern oder schockieren ('Pitch Blease'). Ein aufsehenerregender Tabubruch ist das nicht mehr.

Ein Duett mit einem Pornostar oder einem Schlagerbarden hat die Welt auch schon gesehen. Also bleibt nur der nette, schwiergermuttertaugliche Good-Boy des deutschen Raps, SIDO, um die vermeintlich konservative Metalszene aus dem Konzept zu bringen. Das funktioniert aber nur bedingt, denn auch dieser Song ('Bestday') ist wie die anderen des Longplayers "Crystal" einfach gelungen. Denn hier treffen metal-lighte, LINKIN PARKmäßige Eingängigkeit auf einen Hauch von DEPECHE-MODEiger Melancholie und den sympathischen Sprechgesang von SIDO, auch wenn auf das obligatorische Screaming nicht verzichtet wird.

Mitunter nimmt der Sound und die brutale Attitüde auch BRING-ME-THE-HORIZONartige Ausmaße an ('Monsters'), was die enthusiastische Leidenschaft oder die choralen Partien angeht, immer aber nur als Anleihe, die mit der genuin, genial eigen Mischung etwas vollkommen Neues entstehen lässt ('Paradise In Hell'). So kann man vermeintliche Vorbilder richtig blass aussehen lassen. Und so feiern ESKIMO CALLBOY ein wahres Hymnenfeuerwerk ab, das durch ein überaus hohes Maß an Diversity, Abwechslung und Andersartigkeit sowie durch kontrastive explosive Dynamik eine unglaubliche Intensität und Spanung aufzubauen vermag. Mitunter gemahnt der Sound auch ein wenig an die fabelhaften EMIL BULLS, allerdings nur so lange, bis der unverwechselbare Refrain einsetzt. Da schreckt man dann auch vor Anleihen bei Boygroup-Größen wie 'N SYNC zurück ('Baby').

Kurz: Der Kollege Zwingelberg rät den Leuten, ihre Töchter einzusperren, weil ESKIMO CALLBOY mit dem neuen Longplayer in den Startlöchern stehen. Und zwar zu recht. Denn das neue Album "Crystals" ist unbezweifelbar die Brangelina unter den Longplayern. An dem kommt frau/ man einfach nicht vorbei!