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Das erste Summen der Biene tritt mit ungewohnten Elektronikklängen und einer lieblichen Frauenstimme in Erscheinung, aber nur unweit später setzt die volle Breitseite an hartem Gitarrenriffing samt seeligen Death Growls ein, um schließlich in einem Refrain, der seines Gleichen sucht, ganz groß aufzutrumpfen und der schließlich in seinem klaren, wundervoll wehmütigen Schmähgesang gipfelt. Messlatte also schon mal ganz oben angesetzt! Doch dann kommt "Message In The Amber". Wow, was für ein kraftvolles, dynamisches Stück. Eine meisterhafte Komposition, die so ziemlich alles an Gesangsstilen, musikalischen Facetten, female vocals, Chören, Temowechsel, Vocoder... ach einfach alles, mitbringt. Eine wahrhaftige Hymne. Nach dem kurzen Einsatz einer Orgel und lieblichen Gitarren legt das darauf folgende "Daughter Of Hate" los wie eine Dampfwalze. Harte Gitarren und hasserfüllte Growls mähen alles weg. So hart hat man Amorphis seit den Anfangszeiten nicht mehr gehört. Zwischendrin entpuppt sich das Brett als eigentliche Midtempo-Nummer mit sehr viel Gefühl und grandiosen Melodien, angereichert mit melancholischen Gesangsparts, finnischem Erzählgesang, Chören und dem absolut passenden Einsatz eines Saxophons. Auch "The Golden Elk" ist so eine typische Amorphis-Nummer. Größtenteils clean vocals treffen auf Kehlkopfgesang. Das Ganze ist sehr schwungvoll inszeniert. Angereichert wird der Titel mit vielen orientalischen, wie folkloristischen Klängen und dem Einsatz einer Oud, einer arabischen Kurzhalslaute. Klingt alles im Zusammenspiel einfach nur genial. "Wrong Direction" ist dann wieder eine sehr flotte Nummer mit Hitpotential und dem gewissen Etwas bei den Gitarren und dem Chorus. Auch hier kommt partiell ein Vocoder erfrischend zum Einsatz bei Tomis Gesang. So bedächtig "Heart Of The Giant" auch mit seinen psychedelischen Gitarrenklängen introduziert, erweist sich dieses Stück als ein weiterer Flitzer von einem Song. Schön rennende Gitarrenduelle geben sich ein Stelldichein mit einem Refrain, wo die Sechs-Saiter so richtig schön grooven dürfen, untermalt von Grunts, episch klingenden Keyboards und zauberhaften Chorgesängen. Auch bei "We Accused" zeigen die Finnen aus dem Land der 1000 Seen keinerlei Ermüdungserscheinungen. Liebliche Flötentöne intonieren, doch danach gibt es nur eine Richtung: Nach vorne! Flotte Up-Tempo Nummer mit progressivem Einschlag, der mich hier und dort bei abrupten, unerwarteten Tempowechseln an Opeth denken lässt und mir ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. Mit etwas gemächlicherem Tempo, aber nicht weniger mächtig vom Klangkonstrukt her, ertönt danach "Grain Of Sand" aus den Boxen. Eine tiefer gestimmte Rhythmusgitarre trifft auf eine hohe, gerade zu singende Leadgitarre. Auch gesanglich wird hier alles ausgeschöpft und Chöre, wie auch female vocals bilden hier einen gelungenen Kontrast. Liebe beim ersten Hören war dann das erhabene "Amongst Stars", dass mich zutiefst ergriffen hat. Wie kann man nur einen solchen Song schreiben und so fantastisch umsetzen? Gehört ja geradezu verboten. Auch wenn es hier auch harte Passagen und Death Growls gibt, ist es DIE Ballade auf "Queen Of Time". Zu wunderschönen, bezaubernden Melodien liefern sich Tomi und Gaststar Anneke von Giersbergen (ex- The Gathering) hier ein Gesangsduell auf allerhöchstem Niveau; abwechselnd aber auch zeitgleich. Besonders geil sind hier auch die Gitarrensoli und neben Annekes betörender Stimme die klassischen Pianoklänge. Der Song verfügt über einen gewaltigen Stimmungs- und Spannungsaufbau, der sich immer weiter steigern kann, bis er schließlich mit seinem Höhepunkt im Finale gipfelt. Songwriterisch ist das oberste Liga... allererste Sahne. Leider waren mir bei der Promo die beiden Bonustracks, die in der Mailorder Version des Albums drauf sein werden, nicht vergönnt. Deshalb habe ich mit "Pyres On The Coast", dem zehnten Titel, auch schon den letzten Track vorliegen. Trotz vieler Tempowechsel, verschiedenster Gesänge, epischer Orchesteruntermalungen, wuchtiger Gitarren, samt toller Soli und viel Folklore-Einschlag ist es im Grundkonstrukt schon ein leicht doomiger, vor allem aber sehr düsterer und würdiger, letzter Song, um das Album auszuleiten. Ich musste ein bisschen an alte Moonspell oder auch Heavenwood-Alben denken.

Der ewige Klassiker der Band war ja immer das zweite Studioalbum "Tales From The Thousand Lakes" und dieses Album wird es wahrscheinlich auch immer bleiben. In den vielen Jahren zwischen "Tuonela" (1999) und "Under The Red Cloud" (2015) haben die Finnen immer auf konstant hohem Niveau abgeliefert und gute bis sehr gute Alben an den Mann und die Frau gebracht. Auch waren auf jedem dieser Alben mindestens ein oder zwei Übersongs. Von "Queen Of Time" hatte ich mir deshalb im Vorfeld sehr viel versprochen und war mir auch sicher, dass Amorphis auch hier wieder abliefern würden. Doch die Finnen haben meine kühnsten Erwartungen übertroffen. Auf diesem Album gibt es nicht diese ein oder zwei Übersongs. Nein, vielmehr besteht es komplett daraus. Die Scheibe hat mich regelrecht geplättet. Mir fallen 1000 Adjektive ein zu diesem Meisterwerk. Songwriting-technisch ist "Queen Of Time" mit Abstand das stärkste und beste Release in der Bandhistorie. Zur Produktion und zum Sound des Albums muss man nichts groß extra erwähnen. Beides war schon immer top, so auch hier. Die Songs sind so unglaublich vielschichtig und trotzdem genau richtig und wirken nie überladen. Für mein Empfinden sind die Titel allesamt auch die melodischsten, und abwechslungsreichsten, die Amorphis je geschrieben haben und das weitab von jeder weichgespülten, mainstreamlastigen Radiotauglichkeit. Zudem ist es trotz aller Melodik und Gefühl, gerade im Bezug auf den harten Gesang und die Gitarren das härteste Album seit "Tales From The Thousand Lakes". Die Band hat damals ein ganz eigenes Genre geschaffen und stets fortentwickelt, dass schwerlich zu erfassen ist. Vielleicht trifft es Dark Death Gothic Folk Progressive Psychedelic Metal / Rock am besten. Auf jeden Fall sind Amorphis in ihrem Stil unverwechselbar und nicht nur ich würde sie nach ein, zwei Sekunden aus einem beliebigen Song sofort unter hunderttausenden, anderen Bands heraushören. Selbst ewig gestrige Metaller wie der Kollege Zwingelberg würden dieses Album mögen, wenn sie ihm eine Chance geben würden. Und ich bin mir auch sicher, das Kollege Hübner "Queen Of Time" lieben wird, auch wenn er mittlerweile fast nur noch Metalcore hört. Nie klangen Amorphis erwachsener und besser als hier. Ich verneige mich vor diesem zeitlosen Meisterwerk.

Kategorie

V.Ö.

18. Mai 2018

Label

Nuclear Blast

Spielzeit

57:13

Tracklist

01. The Bee 
02. Message In The Amber 
03. Daughter Of Hate 
04. The Golden Elk 
05. Wrong Direction 
06. Heart Of The Giant 
07. We Accursed 
08. Grain Of Sand 
09. Amongst Stars 
10. Pyres On The Coast

Line Up

Vocals: Tomi Joutsen 
Guitars: Esa Holopainen 
Guitars: Tomi Koivusaari 
Keyboards: Santeri Kallio 
Bass: Olli-Pekka „Oppu“ Laine
Drums: Jan „Snoopy“ Rechberger