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Von LESOIR hatte ich bislang noch keine Notiz genommen. Die Niederlande haben freilich einige Female fronted Bands oder Sängeringen und darunter auch welche, die nicht unbedeutend sind für Rock und Metal. Anneke van Giersbergen (vormals THE GATHERING, solo, VUUR), Floor Jansen (bei den Finnen NIGHTWISH), Sharon den Adel (WITHIN TEMPTATION), DELAIN... 

LESOIR haben zwei Frauenstimmen. 
Die Albumankündigung nebst Material kam durch die Promotionagentur zeitgleich ins Haus mit einer Reviewanfrage durch eine andere Agentur für die Band LEPROUS, die bekanntlich ebenfalls Progrock spielen. Die Musik beider Bands zog ich mir auf mein Abspielgerät und konsumierte sie. LEPROUS hatte eine frühere VÖ, LESOIR am 20. September 2024. 
Während ich bei LEPROUS auch schon die Linie zu der polnischen Band RIVERSIDE zog, sind LESOIR mit diesen 2019 und 2023 ausgiebig durch Europa getourt.  
Der thematische Rahmen des Albums mit seinen zehn Liedern umfasst die menschlichen Existenz mit ihren Facetten, Beziehungen, die Komplexität des Lebens. LESOIR stellen Familie und Brüderlichkeit in den Mittelpunkt. Diese beide überschreiten Grenzen und betonen gemeinschaftliches Handelns.
Verstanden haben will LESOIR das nicht als Retrospektive, sondern als nach vorne oder in die Zukunft gerichtete Perspektive. Der Blick nach hinten, um in der Zukunft besser zu sein. Ein dazu passender japanischer Begriff ist Kaizen (Veränderung zum Besseren). 

Ein großes, grobes Bild vom Höreindruck des Albums zeichnend, ist der zweistimmige Gesang sofort ins Ohr gedrungen. Das Zusammenwirken beider Frauenstimmen entfaltet hier und da meditative Wirkung. Das musikalische Gedächtsnis öffnete sofort die Schublade, in der BEN LEINBACHs Spirit Of Yoga und PUTUMAYO PRESENTS: World Yoga abgelegt ist. Und ein Lied auf dem Album LESOIRs unterstreicht diesen Bezug, nämlich Nadi. Der/die Yogi kennt Nadi als Begriff aus dem Sanskrit. Nadi ist die Bezeichnung für die Energieleiterbahnen des Körpers über die Prana, die Lebensenergie, in alle Zellen gelangen soll. Eine Yoga Praxis mit dem achtstufigen Pfad soll u. a. die Nadi für den ungehinderten Fluss des Pranas offen halten durch Gebote, Verbote, Asanas, Atemübungen, dem Zurückziehen der Sinneswahrnehmungen, der Konzentration, der Meditation, dem Verschmelzen mit dem Transzendenten. 

Push Back The Horizon ist ein dynamisches Album, bei dem die ruhigen Phasen subjektiv dominieren, auch wenn es sich wahrscheinlich tatsächlich die Waage hält.  Meine Wahrnehmung ist, dass der Opener Push Back The Horizon, Under The Stars sowie Fireflies sowie die drei schließenden Lieder What Do You You Want From Me, As Long As Your Girls Smile und Why I Stand Here Now durch Tempi und Zerrgrad der Gitarren den energetisch rotierenden Hurrikan bilden, während im Auge mit You Are The World, The Drawer Of The Chest In The Corner Is Empty, Aeon und Nadi eher getragene Stücke positioniert wurden. Allerdings ist bei The Drawer Of The Chest In The Corner Is Empty nur der Randbereich des Liedes zarter und ruhiger.
Es gibt ein paar Lieder, bei denen Assoziationen zu anderen Bands kommen: Der Opener Push Back The Horizon bekommt in seinem Verlauf vom Sound her einen Anstrich von SENSER aus London, die mit Age Of Panic 1994 ein One-Hit-Wonder hatten. Beim Intro höre ich die Band TOOL grüßen, beim einsetzenden Schlagzeug (und wie es abgemischt wurde) sehe ich vor dem geistigen Auge Mike Bordin sitzen und fühle mich in die Hochzeit FAITH NO MOREs zurückversetzt zu Angel Dust Zeiten).
Dieser Klangeindruck durch Bassdrum und Snare zog sich durch das ganze Album. Und ich finde den Drumsound nicht passend, er ist zu hohl scheppernd, wobei die Becken in Ordnung abgemischt sind. Die Drums sind "untenrum" zu viel. 
Der Songtitel What Do You Want From Me rief mir natürlich PINK FLOYD auf den Plan, es ist jedoch kein Cover. Aber ohne weitere Assoziation bleibt das Lied auch nicht, denn Rhythmik und Versmaß der Strophe erinnern an Cristina Scabbia/LACUNA COIL.  
Die letzte derartige "Auffälligkeit" kommt beim Gitarrensolo von As Long As Your Girls Smile vor, wenn Gitarrenton und eine bestimmte Tonfolge wie ein Schnipsel aus dem Solo von Sweet Child O'Mine klingen. Diese Assoziationen, bis auf den Drumsound, fallen nicht negativ ins Gewicht.

Weil ich das Album zeitgleich mit LEPROUS begann zu konsumieren für die bevorstehenden Reviews, stelle ich es daneben. Die Kompositionen und besonders der Gesang sind gleichwertig mit LEPROUS, der Drumsound von LESOIR ist für mich schwächer. Deshalb gibt es "nur" 13/15. Enttäuschend ist es überhaupt nicht und es wird neue Freunde des Bands erschließen. 

Kategorie

V.Ö.

20. September 2024

Label

V2 Records/Bertus

Spielzeit

48:34 min

Tracklist

01 Push Back The Horizon
02 Under The Stars
03 Fireflies
04 You Are The World
05 The Drawer Of The Chest In The Corner Is Empty
06 Aeon
07 Nadi
08 What Do You Want From Me
09 As Long As Your Girls Smile
10 Why I Stand Here Now

Line Up

Bob van Heumen - Schlagzeug
Ingo Dassen - Gitarre
Maartje Meessen - Gesang, Flöte, Piano
Eleen Bartholomeus - Gesang, Gitarre, Keyboard
Ruben Heijnsbroek - Bass