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The BossHoss, Hot Wire
| Konzerte
Bereits drei Stunden vor offiziellem Beginn versammelten sich die ersten Cowboys vor der Stadthalle in Göttingen. Anscheinend konnten sie es kaum erwarten, Hot Wire und The BossHoss auf der Bühne zu erleben.
Zugegebenermaßen fände ich es auch ganz nett, eine Band wie die BossHoss zu supporten. Am 5.12. wurde diese Ehre Hot Wire zuteil. Sie hatten eine halbe Stunde Zeit, feinsten Rockabilly vorzuführen. Diese Chance hat die Band genutzt, um sich ein wenig bekannter und das Publikum warm zu machen. Wer Silvester noch nichts geplant hat und wer Lust auf „Sex, Drugs & Rock 'N' Roll“ im Stil von Elvis, Johnny Cash, Buddy Holly, AC/DC, den Red Hot Chili Peppers usw. hat, der dürfte beim Rumble on New Years Eve in Harsum genau richtig sein. (http://www.myspace.com/rockabillyhotwire).
Zu den BossHoss sei ganz kurz vorweg gesagt, dass zu der Band sieben Jungs aus Berlin zählen, die 2005 mit ihrem Debütalbum Internashville Urban Hymns erstmals kommerziell in Erscheinung traten. Während sich diese Platte vornehmlich aus Coversongs zusammensetzt, die in einem unkonventionellen, aber bandtypischen Rock-Country-Stil recht interessant interpretiert sind, befinden sich auf dem zweiten Album Namens Rodeo Radio (2006) mehrere Eigenkompositionen. Der Erfolg motivierte offensichtlich, ambitioniert an weiteren Stücken zu arbeiten, denn bereits 2007 erschien Stallion Battalion und 2009 das jüngste, sehr hörenswerte Werk Do or Die.
Wollte ich es den Berliner Jungs mit ihren strahlend weißen Cowboyhüten gleich tun, müsste ich diesen Konzertbericht eigentlich auf Englisch schreiben, denn ein deutsches Wort ist von ihnen – zumindest während der Auftritte und Interviews – nicht zu hören. Stattdessen wird mit nettem Ami-Dialekt die eine oder andere Anekdote auf Englisch daher geredet. Wüsste ich es nicht besser, hätte ich den Jungs vielleicht wirklich abgekauft, dass sie schnurstracks aus dem Wilden Westen direkt in die Stadthalle galoppiert gekommen sind.
Wie man kann sich unschwer vorstellen kann, ist die Bühne mit sieben Mann samt Kontrabass, Bongos usw. schnell ausgefüllt. Ähnlich verhielt es sich mit der Göttinger Stadthalle. Sie war zumindest ganz gut mit Tanz- und Singwütigen gefüllt, die während zwei Stunden Spielzeit und einer gut gemischten Songauswahl auf ihre Kosten kommen sollten. Natürlich haben The BossHoss auch einige Cover-Songs der ersten beiden Platten, z. B. „I say a little prayer“ und „Sabotage“, aufgefahren. Da mir persönlich die eigen komponierten Songs besser gefallen, waren mir die vielen Stücke von der Do or Die und der Stallion Battalion-Scheibe mehr als recht. Mit dem gleichnamigen Lied „Stallion Battalion“ wurde gleich zu Beginn kräftig eingeheizt. Aber auch „Last Day“, „Go!Go!Go!“ und „Rodeo Radio“ ließen keine Langeweile aufkommen. Meine Favorits – „Brake free“ und „Close“ – wurden beide schon während der regulären Zeit gespielt, so dass ich der Zugabe eher nüchtern entgegenblickte. Das restliche Publikum aber feierte die letzen beiden Stücke „Shake Your Hips“ und „Yee Haw!“ begeistert. Für letzteres holten sich The BossHoss noch tatkräftige Unterstützung aus dem Publikum auf die Bühne, bevor in der Stadthalle für diesen Abend die Lichter ausgingen.
So, was soll ich sagen? Ich war schon begeistert, dass ich ein Konzert erleben durfte, das die in letzter Zeit so oft erlebte magische 1,5 h Spieldauergrenze knackte. Außerdem kann ich es mir auch nicht verkneifen, ein ganz großes Lob an Malcolm „Hank Williamson“ Arison, dem Mann an Waschbrett, Mandoline und der Mundharmonika auszusprechen. Womit verbindet man denn heutzutage die Mundharmonika? Die ältere Generation denkt vielleicht an den Film „Spiel mir das Lied vom Tod“, die jüngere an das deutsche Supertalent. Ich werde ich Zukunft an The BossHoss denken. Wenn man mal ganz bewusst auf den Klang dieses kleinen Instrumentes achtet, wird schnell klar, welch besonderer Touch den Songs damit verliehen wird. Nur schade, dass man als Mundharmoniker- und Waschbrettspieler nur selten die Gelegenheit bekommt, erfolgreich in einer Rockband zu spielen.
Die BossHoss boten neben einer guten Bühnenshow einen sehr unterhaltsamen Abend, der sein Eintrittsgeld wert war. Echte Country/Rockfans konnten während der zwei Stunden vielleicht ein wenig mehr vom Wilden Westen träumen als sonst.