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  • Metal Obsession Festival @Melbourne, Australien

    | Martin Storf | Konzerte

Es ist schon leicht herbstlich an der Südküste Australiens, als ich mich am Samstagnachmittag mit ordentlich Jetlag in den Knochen auf den Weg mache, das „Reverend Hotel“ im lauschigen Melbourner Distrikt Footscray ausfindig zu machen. Der urige Pub liegt am Rande einer Wohngegend an einer belebten Straße und ist um 17 Uhr schon gut gefüllt. Für schmale 20 Dollar Eintritt findet hier das sechste Metal Obsession Festival statt, auf dem sich eine breiter Querschnitt der lokalen Metalszene einfindet. Eindeutiger Headliner sind dabei BE’LAKOR, die auch schon ein paar Konzerte in Deutschland hinter sich haben und hier den Abschluss ihrer erfolgreichen Tour mit Dark Tranquillity feiern.

An den Pub schließt sich direkt ein recht kleiner Raum an, der zum Glück nur die Nebenbühne darstellt. Auf dieser spielen gerade SEPTERRUS, die ursprünglichen Thrash Metal in verschiedenen Geschwindigkeiten zocken. Mid-Tempo-Passagen wechseln sich mit schnellen Stücken ab und der Sänger bewegt sich zwischen dem Publikum umher, im Radius nur durch das Mikrofonkabel begrenzt. Es ist ja auch noch genug Platz.

WATCHTOWER, die bisher zwei Demos veröffentlicht haben, zelebrieren dann old-school Doom mit viel wabernden Gitarrensounds. Ganz nett, aber auf Dauer fehlt etwas die Abwechslung. Und das bei nur 30 Minuten Spielzeit. Also lieber in den Biergarten. Im Gegensatz zum Eintrittspreis sind die Bierpreise aber ganz schön hoch. Da bekommt man gerade mal zwei Pints für die Kosten des Eintritts. Durch den Biergarten geht es dann in den benachbarten Schuppen, wo sich die Hauptbühne befindet. Auch am anderen Ende der Welt sind die Wacken-Shirts zahlreich vertreten und werden wohl mit etwas mehr Stolz getragen als hierzulande. Schließlich ist ja auch die Anreise etwas aufwendiger.

Auf den Auftritt von MYRIDIAN warten dann etwa 50 Leute. Melodic Death mit langen, doomigen Instrumentalpassagen, viel Keyboard und Doublebassattacken prägen deren Soundbild. Der Sänger wechselt zwischen tiefem Gegrowle und hohem Gekreische. Den coolen Auftritt krönt dann zweistimmiger A-Capella-Gesang zum Abschluss. Sollte man sich mal auf Platte anhören.

Dronig wird es dann auf der anderen Bühne mit AGONHYMN, die schon ein paar mehr Jahre auf dem Buckel haben als die anderen Bands. Das Duo aus Schlagzeuger und Sänger/Gitarrist spielt anzahlentsprechend instrumentell limitierten Krach der sich langsam und düster über das Publikum ergießt. Urplötzlich werden allerdings schnellste Blastbeat-Attacken ausgepackt und manche groovigen Abschnitte kann man fast eingängig nennen.

Der Sänger von A MILLION DEAD BIRDS LAUGHING gibt dann die Rampensau und stellt mit seinen zahlreichen Pig Screams klar, dass hier Grindcore gezockt wird. Außerdem stellt er so sicher, dass in den Instrumentalpassagen nicht zu viel Romantik aufkommt und gleich wieder losgeprügelt werden kann. Die Ein-Wort-Liedernamen sind genauso kurz, wie die Stücke die sie betiteln. Das Publikum reagiert eher verhalten und nach einer guten halben Stunde ist es dann auch genug.

Die nachfolgenden JACK THE STRIPPER haben sich dann dem Hardcore verschrieben, mit eher grindcorigem als metalcorigem Ausschlag. Der Sänger springt wie ein tasmanischer Teufel vor der Bühne und dem eher stoischen Publikum umher.

Dann doch lieber zu RISE OF AVERNUS aus Sydney, der Band mit der wohl ausgefallensten Instrumentierung des Festivals. Wenn Keyboards und Frauengesang noch nicht außergewöhnlich genug für diesen Abend sind, dann auf jeden Fall der Saxophonist, der für Lounge-Atmosphäre in den ruhigen Zwischenteilen sorgt. Im Gegensatz zu Ephel Duath nervt das Saxophon nicht mit experimentell jazzigen Zwischentönen, sondern fügt sich mit seinen hauptsächliche sehr getragen gespielten Melodien gut als Keyboardergänzung ein und spielt nur ab und zu ein improvisiertes Solo. Außergewöhnliche Songstrukturen, beispielsweise ein Walzer, und Ethno-Rhythmen sorgen für Abwechslung und erinnern an eine Mischung aus frühen Crematory und Orphaned Land. Am Ende wird dann noch mal ordentlich auf die Glocke gehauen. Bisher die beste Band des Abends!

Als vorletzte Band dürfen die Ostküstenbewohner LO! auf die Bretter, die bei einem deutschen Label unter Vertrag sind. Ihren Postcore zocken sie größtenteils mit einem irrwitzigen Tempo runter, was sie von ihren Genrekollegen abhebt. Ruhigere Doom-Passagen dienen wohl nur zur kurzfristigen Gehörgangserholung, bevor der D-Zug weiterrast.

Um 11 Uhr ist es Zeit für den Headliner des Abends. Die Erfahrung von Auftritten vor einigen tausend Leuten, beispielsweise schon zweimal auf dem Summer Breeze, merkt man BE‘LAKOR an. Trotzdem ist dieser Abend in der Heimat etwas Besonderes. Wahrscheinlich mehr als die Hälfte der Anwesenden kennt die Band persönlich. So beginnt das Set damit, dass sich alle neckische Partyhütchen aufsetzen und ein Geburtstagsständchen singen. Danach geht es dann mit dem unterhaltsamen Melodic Death Metal des Melbourner Fünfers los. Mehr als einmal fühlt man sich bei der Setlist an Genrekollegen vom Schlage Amon Amarth oder Ensiferum erinnert oder schwelgt in Erinnerungen an alte Göteborg Death Metal-Zeiten. So zum Beispiel beim Opener vom aktuellen Album „Of Breath and Bone“: Eingängige Gitarrenriffs werden so lange wiederholt, bis sie auch dem letzten Anwesenden in Mark und Bein übergangen sind und man gar nicht anders kann als zumindest mitzuwippen. Vor der Bühne wird natürlich ordentlich gebangt. Das Keyboard als weiteres Markenzeichen tut sein Übriges. Es folgt ein bisher noch nicht aufgenommenes Stück, das einen Ausblick auf das neue Album gibt. Nach dem bevorstehenden Ende der Tour will sich die Band ins Studio zurückziehen und ihren vierten Longplayer aufnehmen. Im Laufe des weiteren Sets lässt die Menge es sich nicht nehmen, sogar die Gitarrenriffs mitzusingen. Das einstündige Set wird mit dem Simpsons-Song „We do…“ abgeschlossen, bevor sich die Band zum Weiterfeiern unter die Menge mischt.

Es bleibt festzustellen: Auch abseits des Mainstream existiert in Melbourne eine alternative Metalszene, die es erfolgreich schafft, in Eigenregie ein Festival auf die Beine zu stellen, dass nicht nur die zahlenden Zuschauer, sondern auch die Künstler zufrieden stellt und allen Beteiligen Spaß bereitet.

Ort

The Reverend Hotel, Melbourne, Australien

Kategorie

Setlist

Spielzeit

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