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SICK OF SOCIETY im Interview

Sie spielen “Anarchic Punk” seit 1993 und wurden bereits 1989 unter dem Namen WICKED POWER gegründet. Mit „Perlen vor die Säue“ legen SICK OF SOCIETY aus Vöhringen – zur Orientierung für den Kollegen Lison: es sind ca 3 Autostunden bis ins schöne Bad Birnbach – ihr neues und bis dato stärkstes Album vor. Steini (Bass, Vox) und Falko (Git. Vox) haben sich Zeit genommen und mir einige Fragen beantwortet.

Sie spielen “Anarchic Punk” seit 1993 und wurden bereits 1989 unter dem Namen WICKED POWER gegründet. Mit „Perlen vor die Säue“ legen SICK OF SOCIETY aus Vöhringen – zur Orientierung für den Kollegen Lison: es sind ca 3 Autostunden bis ins schöne Bad Birnbach – ihr neues und bis dato stärkstes Album vor. Steini (Bass, Vox) und Falko (Git. Vox) haben sich Zeit genommen und mir einige Fragen beantwortet.

Ihr habt fünf Alben, ne EP und einige Demos usw. in englischer Sprache aufgenommen, bevor sich mit dem vorletzten Album „Niemals wie der Rest“ einiges in der Band geändert hat. Neben personellen Veränderungen tauchten nun auch deutsche Texte auf. Würdet ihr das Album als Zäsur in der Bandgeschichte bezeichnen?

Steini: Auf der „Niemals wie der Rest“ CD hört man das erste Mal den Deutschpunk Einfluss. Da wir seit der „Weekend Anarchy“ CD 2009 vermehrt mit deutschsprachigen Bands spielen, hat das doch etwas abgefärbt.  Die Entwicklung zu den deutschen Texten war jedoch ein langsamer Prozess und kein harter Schnitt. Daher sind auf der „Niemals wie der Rest“ CD die Hälfte der Songs auch noch in Englisch.  Als einen neuen Abschnitt würde ich eher „Perlen für die Säue“ sehen.

Falko: Auf jeden Fall. Zumal das dann das erste Album ohne Gründungsmitglied und bisherigem Frontmann Fizzi ist. Durch die notwendige Umbesetzung und der Vergrößerung zur Vier-Mann-Combo gab es deutlich Veränderungen im Bandgefüge. Diese Veränderungen sind aus meiner Sicht deutlich spür- und hörbar.

Im Vergleich zum Vorgänger ist „Perlen vor die Säue“ noch deutlich straighter ausgefallen und es gibt meist ordentlich auf die Glocke und die Produktion klingt für mich auch noch eine Ecke druckvoller. Kommen da eure Metalwurzeln durch?

Falko: Über die Aufnahmen haben wir im Vorfeld viel diskutiert und einiges anders gemacht als zuvor. Uns war es wichtig einen sehr druckvollen Sound zu haben. Deshalb haben wir den finalen Mix auch erstmals von Christian Schmid (Music Factory, Kempten) durchführen lassen. Er hat sehr schnell verstanden wo wir hinwollen und einen klasse Job gemacht. Und ja, tatsächlich nimmt er sonst hauptsächlich Metalbands auf, was unserem Punk-Sound aber kein bisschen geschadet hat.

Steini: Als Band hast du natürlich immer den Anspruch, dass die aktuelle CD besser wird als die davor. Ich würde die Unterschiede zur letzten CD eher in der Weiterentwicklung der Band sehen, als in den Metalwurzeln. Vor allem liegen zwischen den beiden CDs ja auch 6 Jahre.  

Früher waren eure Texte in der Regel auf Englisch. Im Gegensatz zu manchen anderen Bands (ich denke da z.B. an die Donots) hat man bei euch aber das Gefühl, dass ihr mit „Perlen vor die Säue“ stilistisch da angekommen seid, wo ihr auch hingehört – und dazu passen die deutschen Lyrics bestens. Kann man das so sagen?

Falko: Ja, das finde ich auch. Die Band hat sich dem heutigen Sound über die Jahre in kleinen Schritten immer weiter angenähert. Mit dem heutigen Sound fühlen wir uns alle sehr wohl. Die deutschen Texte sind da nur konsequent, schließlich haben wir etwas zu sagen und uns ist es wichtig dass das Gesungene auch beim Publikum ankommt.

Man wagt ja kaum noch die Zeitung aufzuschlagen oder die Nachrichten anzuschalten. Was die großen Konzerne so alles machen, lässt es einem kalt den Rücken runterlaufen. Die wenigen Reichen werden immer reicher und skrupelloser, und der große Rest schaut in die Röhre. Mieten sind unbezahlbar, Arbeitskraft wird schamlos ausgenutzt, überall wird getrickst und betrogen (ich denke nur an brandenburgische „Bio-Eier“) und nie gibt es für die Täter Konsequenzen. Nur die berühmte Lidl-Verkäuferin, die einen Bleistift mit nach Hause nimmt, kommt in den Knast. Mit „Es kommt die Zeit“ habt ihr einen saustarken Song auf der Scheibe und er ist thematisch so aktuell wie 1980. Ich hab mich schon beim DRITTE WAHL Konzert gefragt, wie man als so politische Band trotzdem noch so viel Spaß verbreiten kann. Eigentlich müsste man weinend in der Ecke sitzen. Lässt euch die Tatsache, dass sich so wenig zum Positiven verändert nicht verzweifeln? Oder glaubt ihr, dass sich tatsächlich etwas ändern wird?

Falko: Ganz bestimmt. Natürlich sind auch wir angesichts vieler politischer Entwicklungen, wie  beispielsweise dem zunehmendem Rechtspopulismus, häufig frustriert was die aktuelle Lage betrifft. Der Song zielt aber genau auf den festen Glauben daran ab, dass sich die Verhältnisse ändern werden. Gerade solche Entwicklungen sind häufig auch Ausdruck von zunehmenden sozialen Widersprüchen in der Gesellschaft und schaffen damit Potential für neue gesellschaftliche Bewegungen. Auch die hohe Zahl an Flüchtlingen hat ihren Ursprung ja im massiven Gefälle zwischen arm und reich. Klar hat im Zuge der Flüchtlingskrise leider auch die AfD an Zuspruch gewonnen. Gleichzeitig engagieren sich aber unzählige Menschen jetzt erst recht für Flüchtlinge und sozial benachteiligte Menschen. Im Song „Es kommt die Zeit“ geht es vor allem um soziale Ungleichheit und die wird auch in Deutschland immer offensichtlicher. Der Song steht dabei für den festen Glauben daran, dass sich die Dinge ändern werden und die einseitige Bereicherung von Wenigen auf Dauer keinen Bestand haben wird.

Steini: Ich hoffe darauf, dass sich bald etwas ändert. Es darf einfach nicht sein, dass ein paar Wenige immer reicher werden, während die Zahl derer steigt, die in Vollzeit arbeiten und trotzdem noch Hartz IV beantragen müssen, um Leben zu können. So wie es aktuell läuft, kann es nicht weiter gehen! Ich hoffe nur, dass viele erkennen, dass nicht die Flüchtlinge und Migration das Problem sind, wie es die AFD verkaufen will, sondern die großen Konzerne mit ihrem Einfluss auf die Regierung, ihrer Steuervermeidung und Ausbeutung von Zeitarbeitern usw.

Zur VÖ der Scheibe soll ja auch ein Video zu „Es kommt die Zeit“ erscheinen. Was erwartet den Zuschauer denn da? Und wie habt ihr das Video finanziert?

Falko: Bei uns wird D.I.Y. nach wie vor sehr groß geschrieben. Wir versuchen so viel wie möglich selbst zu machen. Angefangen von den Aufnahmen, bis hin zum Artwork. Das ist teilweise Idealismus, hat aber auch finanzielle Gründe, da sich die Band nicht selbst trägt und wir für CD-Produktionen nach wie vor aus privater Tasche kräftig zuschießen müssen. Auch das Video haben wir daher mit der Unterstützung von zwei Freunden selbst produziert. Es ist ein sehr actionreiches Performance-Video geworden und wird ab 9.2. auf unserer Homepage bzw. bei YouTube verfügbar sein. 

Neben einigen recht politischen Themen habt ihr auf dem neuen Album auch die bekannten Party-Spaß Texte, wie z.B. „Biersam für die Seele“. Wer hat diese Ideen bei euch? Und was kommt denn bei euren Fans besser an?

Falko: Auf der aktuellen Platte überwiegen eindeutig die ernsten, politischen oder sozialkritischen Texte. Ich glaube, das können wir auch am besten und das kommt auch bei unserem Publikum am besten an. Auch wenn es bei uns auf der Bühne teils recht munter zugeht, sind wir weit entfernt von einer Party- / Spaß-Punk-Band. Selbst „Biersam“ ist ja eher ein sarkastisches Statement zum Umgang mit Alkohol bzw. den meist eher traurigen Gründen für Alkoholismus. Viele Songs auf dieser Platte stammen noch von unserem alten Sänger Fizzi, wurden aber teilweise überarbeitet oder neu getextet. Die anderen sind von Steini und mir, die Texte kommen häufig auch von Oliver. Mit Chris haben wir mittlerweile einen vierten aktiven Songschreiber, so dass wir tatsächlich alle Ideen für Songs beisteuern. Zu SICK OF SOCIETY Songs werden sie dann vor allem durch die gemeinsame Arbeit an den Songs im Proberaum.

Steini: Ich habe den Text bisher noch nie als Spaß Text gesehen ;-) Wir sind doch immer bierernst. Spätestens seitdem ich die Tour-Story von Indonesien gelesen habe,  bin ich der Meinung, dass Bier wohl doch ein wichtiges Thema bei dem einen oder anderen Musiker bei SICK OF SOCIETY ist.  

Ich hab in einem Interview gelesen, dass ihr die Metalszene eigentlich nicht so mögt. Was stört euch denn da am meisten? Würdet ihr trotzdem eine Show auf Wacken o.ä. spielen, wenn ihr eingeladen werdet?

Falko: Puh, das würde ich nicht so stehen lassen. Dazu ist die Metalszene zu vielfältig und ich habe selbst zu viele großartige Menschen und Bands aus dieser Szene kennengelernt. Aber ja, ich selbst bin nicht unbedingt ein großer Metalfan und habe eher einen anderen musikalischen Hintergrund. In Teilen ist mir die Szene etwas zu einseitig auf den Ausdruck von Aggressivität und Männlichkeit fokussiert. Das erscheint häufig eher konservativ oder sogar reaktionär. Aber auch dieser Eindruck wird der Vielfalt dieser Szene nicht gerecht. Bands wie KREATOR oder HEAVEN SHALL BURN zeigen schließlich schon lange, dass Metal und intelligente Texte kein Widerspruch sind. Und klar würden wir auf Wacken spielen, auch wenn ich nicht daran glaube, dass es je dazu kommen wird.

Steini: Klar würden wir auf Wacken spielen, lieber allerdings auf den Punk Festivals. Es ging damals um die Unterschiede in der Punk- und Metalszene. Mir geht es einfach so, dass man auf Punk Events immer das Gefühl hat willkommen zu sein. Da Interessiert nicht ob du aussiehst wie ein Punk oder nicht. Das soll nicht heißen, dass im Metal alle engstirnig sind, aber ich fühle mich in der Punkszene einfach wohler. Ich höre auch nach wie vor gerne noch die ein oder andere Metalscheibe, allerdings viel seltener als früher.  

Ich habe auch gelesen, dass ihr mittlerweile das Touren ernster nehmt als früher und versucht bessere Gigs an Land zu ziehen. Wird es eine richtige Tour zum neuen Album geben? Oder ist das zeitlich nicht umsetzbar?

Falko: Wir spielen so viel live wie nur irgendwie möglich. Für eine größer angelegte Tour fehlt neben Beruf und Familie häufig dennoch die Zeit. Trotzdem haben wir aber mittlerweile ein großartiges Netzwerk aus Clubbetreibern und befreundeten Bands. 

Steini: Eine „richtige“ Tour wird es nicht geben, dass ist zeitlich nicht drinnen. Wir versuchen jedoch natürlich so viele Shows wie möglich zu spielen. Aber mehr wie 3 bis 4 Konzerte am Stück sind einfach nicht machbar.


Bild Copyright:

Infos

  • Erstellt am

    04. Februar 2018
  • Line Up

    Oliver - Drums

    Chris - Gitarre, Vox

    Falko - Gitarre, Vox

    Steini - Bass, Vox

  • Redakteur

    Thorsten Zwingelberg