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Rückkehr nach Hemmersmoor - THEM im Interview

THEM versprühen schon durch ihre tollen Artworks eine gewisse Schauerstimmung. Musikalisch hat die deutsch-amerikanische Band dieses Mal noch einmal ordentlich zugelegt, so dass „Return to Hemmersmoor“ ein richtiger Thrash Metal Kracher mit außergewöhnlichen Vocals und einer tollen Atmosphäre geworden ist. Frontmann Troy Norr a.k.a. K.K. Fossor und Gitarrist Markus „Ulle“ Ulrich haben sich für uns Zeit genommen.
THEM versprühen schon durch ihre tollen Artworks eine gewisse Schauerstimmung. Musikalisch hat die deutsch-amerikanische Band dieses Mal noch einmal ordentlich zugelegt, so dass „Return to Hemmersmoor“ ein richtiger Thrash Metal Kracher mit außergewöhnlichen Vocals und einer tollen Atmosphäre geworden ist. Frontmann Troy Norr a.k.a. K.K. Fossor und Gitarrist Markus „Ulle“ Ulrich haben sich für uns Zeit genommen.

In Deutschland gelen derzeit Beherbergungsverbote, internationale Reisen liegen oder lagen vollkommen auf Eis. Man kann sich vorstellen, dass es da für eine deutsch-amerikanische Zusammenarbeit nicht gerade leichter wird ein Album in den Kasten zu bringen. Oder irre ich mich da?

K.K.: Glaub es oder nicht, die Bonuszulage bei der Gründung von THEM war, dass wir durch die Art und Weise wie wir Alben schreiben und aufnehmen von Anfang an Pandemiesicher waren. Die Pandemie hat unsere Arbeitsabläufe also überhaupt nicht beeinflusst, mit einer Ausnahme: die Aufnahme der Vocals. Ich musste mich aus dem Haus und durch die Hintertür des Studios rein schleichen, um den Gesang für alle Songs außer „Free“ aufzunehmen. Ich habe mich an social distance gehalten und meine Umgebung nach jedem Studiobesuch gründlich gereinigt. Ich habe mit Joe Cincotta (SUFFOCATION/OBITUARY) in seinem Full Force Studio in Ronkonkoma, NY an den Gesangsaufnahmen gearbeitet. Wir haben es irgendwie hinbekommen, aber es war kein einfaches Unterfangen.

M.U.: Eigentlich haben sich die Beschränkungen gar nicht ausgewirkt, zumal wir es quasi gewohnt sind so zu arbeiten und ja so oder so keine regelmäßigen Proben stattfinden können. Die Aufnahmen gestalteten sich gerade für Troy dann etwas schwieriger, da NY quasi schon komplett im Lockdown war. Irgendwie hat er es mit einer unverschlossenen Hintertür am Studio dann aber doch hingekriegt.

New York war ja besonders stark betroffen und wir haben mitunter schaurige Bilder von Massengräbern gesehen. Das Krisenmanagement von Präsident Trump war nicht gerade gut. In Deutschland hingegen sind wir – trotz aller Fehler und Probleme – bislang ganz gut durch die Krise gekommen. Sind solche politischen Dinge und Unterschiede zwischen den Bandmitgliedern ein Thema oder konzentriert ihr euch ausschließlich auf die Musik?

M.U.: Wir reden da durchaus darüber. Man lernt auf beiden Seiten auch viel über teilweise unterschiedliche Sichtweisen und kann diese dann auch besser verstehen, bzw. sich in die Lage der jeweiligen Person versetzen. Es ist immer einfach, sich eine Meinung über Leute zu bilden, deren Lebensverhältnisse man nicht kennt. Amerikaner wachsen einfach auch ganz anders auf, das Weltbild unterscheidet sich grundsätzlich von unserem. Ich kann aber sagen, dass „unsere“ Amis jetzt auch nicht mit dem dortigen Durchschnittstypen vergleichbar sind, die Jungs sind halt auch schon etwas rumgekommen.

K.K.: Ab und zu diskutieren wir auch untereinander über Politik, aber nicht besonders ernsthaft. Wir sind Metal Brüder und das ist für uns der wichtigste Grund, um gemeinsam Musik zu schreiben, aufzunehmen und auf die Bühne zu bringen. Die Musik ist immer die Nummer 1. Alles andere ist für uns nicht wichtig.

Dann lasst uns zur Musik kommen. „Return to Hemmismoor“ beginnt mit einem tollen szenischen Intro und danach bricht ein wahres Riffgewitter los. Ich habe den Eindruck, dass das Album deutlich aggressiver ausgefallen ist als der Vorgänger „Manor…“.

K.K.: Das haben wir bereits von verschiedenen Kritikern gehört und wir verstehen, dass Menschen Musik unterschiedlich wahrnehmen. Wenn ich mich richtig erinnere, war „Free“ der erste Song, den ich zuhören bekommen habe. Und jeder weiß, dass dieser Song eine ziemliche Veränderung im Vergleich zu früheren THEM Songs darstellt. Beide Gitarristen überraschen mich immer wieder mit ihren Ideen.

„Age of Ascension“ lässt, glaube ich, keinen Zweifel daran, dass ihr unter „Thrash Metal“ im Regal einsortiert werden dürft. Ihr habt ja einige rasend schnelle Riffs im Programm, manche könnten sogar aus dem Black Metal Bereich kommen. Wart ihr dieses Mal besonders geladen oder woher kommt die Brutalität der Songs?

M.U.: Wahrscheinlich kann man sich da schon auf die gemeinsamen Einflüsse berufen. Gerade die Amis haben ja alle einen eher härteren Background und für mich als Gitarrist war der US Thrash schon immer prägend. Während ich bei der ersten Platte einfach mal wild drauf los geschrieben habe, wollten wir mit der Nummer zwei härter werden. Das machte Spaß, also haben wir so ganz lose beschlossen, dass es ganz lustig wäre, noch ein paar Briketts draufzulegen. Für mich ist das auch gar nicht stimmungsabhängig. Ich mag Thrash z.B. nicht, weil er aggressiv ist oder ich irgendwelche wilden Seiten ausleben kann. Ich stehe einfach auf schnelle, etwas technischere Riffs die einen fordern. Das liegt mir im Blut.

THEM sind ja ursprünglich aus einer KING DIAMOND Coverband entstanden. In früheren Interviews war zu lesen, dass sich THEM bereits mit „Manor…“ deutlich von der KING DIAMOND Vorlage entfernt hätten. Ich glaube, man kann sagen, dass „Return…“ nochmal ein Schritt in diese Richtung ist, oder?

M.U.: Ich betone es eigentlich ständig. Es gab für mich persönlich niemals eine KING DIAMOND Vorlage. Ich schreibe meine Musik wie ich sie immer geschrieben habe und da war KD – obwohl ich die Musik natürlich schätze – für mich als Songwriter wirklich nie ein Einfluss. Außer einem Lick auf dem Opener des ersten Albums habe ich auch niemals absichtlich Parallelen „verursacht“, somit reden wir eigentlich ausschließlich über ein paar spitze Schreie beim Gesang :D
Die wurden von Platte zu Platte weniger und wenn wir ganz ehrlich sind: Würde sich die Band nicht THEM nennen und du würdest die 3-4 hohen Screams vom aktuellen Album rausschneiden, würde wahrscheinlich niemand auf die Idee kommen, das überhaupt auch nur im Ansatz zu vergleichen. Tatsächlich haben das wohl die meisten Leute erkannt, zumindest bei den Interviews zur neuen Platte ist das auch wirklich kaum noch ein Thema.

Wenn ich die Nachrichten einschalte, denke ich immer häufiger, dass Horrorgeschichten wie die von THEM weniger gruselig und schrecklich sind als die Realität. Der klassische Schauerroman und auch moderne Fantasygeschichten bieten dem Leser ja eine Möglichkeit zur temporären Flucht in eine andere Welt. Erfüllen eure Geschichten auch ein Stück weit diesen Zweck?

K.K.: Ich stimme dir vollkommen zu. Die heutige Wirklichkeit ist vollkommen verrückt. Ich kann dir nur raten dein Leben so normal wie möglich zu leben. In verschiedener Hinsicht spiegelt die Geschichte von K.K.‘s Unglück das echte Leben von Troy Norr wider. Das wissen nicht viele Menschen. Mirandas Name war eigentlich Amanda, so wie auch Troys Tochter in der Wirklichkeit heißt. Einige der unglücklichen Ereignisse hängen direkt mit dem emotionalen Schmerz zusammen, den Troy während einer schwierigen Zeit seines Lebens erlebt hat.

THEM erzeugen auf ihren Alben eine bestimmte düstere, teils beklemmende, aber auch im romantischen Sinne schaurige Atmosphäre, was durch die tollen Artworks natürlich noch unterstützt wird. Gerade das Coverartwork von „Return…“ erinnert mich irgendwie an den englischen Schauerroman des 19. Jahrhunderts. Könnte man THEM als eine Art moderne Interpretation dieses Genres sehen?

K.K.: Wir sind sehr ähnlich. Momentan arbeite ich an einer Graphic Novel die visuelle Darstellung der drei Alben zusammenführt. Das Buch könnte vielleicht zu Halloween 2021 auf den Markt kommen.

Würde THEM denn auch ohne das textliche und optische Konzept funktionieren?

M.U.: Schwer zu sagen. Die Optik war mir z.B. nie wirklich wichtig, aber ich sehe ein, dass eine gewisse Optik im Zusammenhang mit THEM natürlich Pflicht ist. Die ganze Geschichte beruht komplett auf Troys Ideen und er führt auch alles aus. Ich denke schon, dass die Band auch ohne das alles funktionieren würde, aber gerade die Story war halt von Anfang an ein Teil des Ganzen, sodass es mir schwerfallen würde, das jetzt einfach wegzudenken.

Zum Abschluss noch eine Frage zum Personal: Metal Archives listet Justin Zych als dritten Gitarristen der Band (seit 2016). In seiner Referenzliste auf seiner Website findet sich aber kein Hinweis auf THEM und bei euch finde ich dazu auch keine Info. Welche Beziehung habt ihr denn mit Justin?

M.U.: Das ist dann wohl ein Fehler auf Metal Archives. Justin hat uns ausgeholfen, als bei unser 2017er-Tour unser Gitarrist Markus Johansson wenige Tage vor Tourbeginn aufgrund eines Unfalls ins Krankenhaus musste. Justin war in der Lage sich in einer extrem kurzen Zeit den ganzen Kram draufzupacken und wir haben ihn dann in einer Nacht- und Nebelaktion einfliegen lassen. Er kam pünktlich um Mitternacht an, wir haben das Set einmal durchgespielt und sind dann auf Tour. Kein Witz!
Justin war also nie Mitglied bei THEM, er hat uns aber den Arsch gerettet, ist ein fantastischer Gitarrist und dazu noch eine extrem coole und witzige Socke.

Rechtzeitig zu Halloween kommen die Freunde einer ordentlichen Horror-Story mit „Return to Hemmersmoor“ auch musikalisch voll auf ihre Kosten. Besorgt euch die Scheibe!

(c) photos: Them




Bild Copyright:

Infos

  • Erstellt am

    16. Oktober 2020
  • Line Up

    KK Fossor – vocals
    Markus Johansson – guitars
    Markus Ullrich – guitars
    Angel Cotte – drums
    Richie Seibel – keyboards
    Alexander Palma - bass
  • Redakteur

    Thorsten Zwingelberg
  • Tags