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  • Rock im Park 2014

    | Martin Storf | Rock im Park

Seit fast 30 Jahren öffnen das größte Rockfestival Deutschlands und sein etwas kleineres Schwesterfestival über Pfingsten ihre Pforten. Seit nun auch schon 18 Jahren findet Rock im Park in Nürnberg statt. Sehr gemütlich quasi mitten in der Stadt gelegen bietet es einige Annehmlichkeiten, die Rock am Ring nicht hat: Recht kurze Laufwege, zwei Schwimmbäder in der Nähe, S-Bahn-Anschluss, Schnellrestaurants. Eben alles was eine Großstadt so ausmacht. Und auch: Prinzipiell besseres Wetter. Wobei dieses Jahr da wohl niemand klagen musste. Temperaturen von bis zu 36° machten den Aufenthalt im Zelt nach halb 8 morgens quasi unmöglich. Metal-technisch war dieses Jahr auch einiges geboten. Während der Ring von Donnerstag bis Sonntag läuft, ist im Park von Freitag bis Montag High-Life.

Und besagter Freitag hatte es auch gleich in sich. Vier Bands der härteren Gangart machen den Eröffnungstag aus, bei dem nur die Centerstage eröffnet ist. Also auch keine Angst, etwas zu verpassen. Das Festival eröffnen dürfen die Mittelalter-Rocker IN EXTREMO, die auf anderen Festivals locker den Headliner abgeben, um kurz vor vier. Innerhalb einer Stunde spielen sie ihr mit „Mein rasend Herz“ eröffnetes, allseits bekanntes Set mit Fokus auf die letzten Jahre runter. Die Feuershow büßt auf Grund des strahlenden Sonnenscheins etwas an Eindruck ein.

Die aus den Trümmern von CREED entstandene Band ALTER BRIDGE darf als nächstes zeigen, was sie kann. Und das ist besonders im Bezug auf Sänger Myles Kennedy einiges. Der ist super drauf und zieht gleich mit „Addicted to Pain“ das Publikum auf seine Seite. „Metalingus“ und „Isolation“ sind weitere Highlights der Florida-Rocker.

Da es nur eine Bühne gibt, sind die Umbaupausen mit mindestens 30 Minuten ziemlich lang. Aber da man locker an die Bierstände (Bier 0,4l: 3,50€) kommt, lässt sich die Wartezeit bis A7X (a.k.a. AVENGED SEVENFOLD) gut  überbrücken. Die Amis, die sich mit ihren letzten Releases mehr dem traditionellen Metal zugewandt haben. Viel Gitarrengewichse gibt es bei Songs wie „Hail to the King“, (your fuckin..) „Nightmare“ und der Mitsing-Hymne„Afterlife“, aber irgendwie warten doch die meisten auf den Headliner.

Um direkt vor die Bühne zu kommen, muss man durch zwei Wellenbrecherschleusen. Davor entstehen öfter mal Staus, weil erst alle die raus wollen Platz machen müssen. Doch ist man erst einmal drin, hat man mehr Platz als in der zweiten oder dritten Reihe. Lediglich die Bierversorgung lässt etwas zu wünschen übrig. Aber bei METALLICA kommt man eh nicht zum Trinken. Die Bühne ist voll auf die Four Horsemen ausgerichtet, links und rechts gibt es mehrfach geteilte LED-Wände, extra für den Auftritt gibt es einen Steg ins Publikum, damit auch jeder die diversen Soli bewundern kann. Die Festivaltour steht unter dem Motto „Metallica by Request“ und wer wollte durfte online über die Songauswahl abstimmen. Das hatte den positiven Umstand, dass St. Anger fast komplett (bis auf den Titeltrack) und das Lulu-Gedöns unerwähnt bleiben. Stattdessen kommt das, was jeder erwartet: „Battery“, „Master of Puppets“ und „Sanitarium“ in schneller Abfolge. Die Menge ist begeistert, auch wenn sie Großteils wahrscheinlich bei der Veröffentlichung noch nicht mal geboren war. Nach „Ride The Lightning“ kommt die erste Verschnaufpause „The Unforgiven“. „Creeping Death“ wird abgefeiert, aber wie zur Hölle hat es das unveröffentlichte „Lords of Summer“ auf einer Request-Liste geschafft? Und wer wählt „Whisky in the Jar“, lässt aber „Orion“ weg? Absolutes Highlight ist dann „One“. Zu dem Antikriegs-Song marschieren Soldaten über die Leinwände, die Bühne versinkt im Rauch, der von Laserstrahlen durchschnitten wird. Gänsehaut! Danach kommt dann auch das Schwarze Album zu seiner Berücksichtigung. Die voll-multimediale Last-Minute-SMS-Abstimmung gewinnt (mit sagenhaften 450 Votes, bei den Handynetzproblemen sind da bestimmt noch 2 Tage später SMS zugestellt worden...) das neue „The day that never comes“. Den Abschluss bildet dann natürlich Siegfried & Roy …äh… „Seek & Destroy“.

Am zweiten Tag muss man sich dann schon eher die Perlen zwischen dem ganzen Pop- und Indiegeschrammel raussuchen. THE ARCHITECTS in der Eissporthalle sind da mit ihrem Metalcore schon mal ein guter Anfang, und die stickige Halle ist auch schon mittags ganz schön voll. Schließlich knallt hier wenigstens nicht die Sonne. SUICIDE SILENCE ziehen dann im Anschluss noch mal mehr Leute, die kalifornischen Rotzrocker BUCKCHERRY sind aber viel geiler. Und dann? KINGS OF LEON oder GHOST? Da letztere im Sommer eh noch an einigen Laternen spielen, geht es zur dritten Alternative auf die gleichnamige Stage: QUEENS OF THE STONE AGE. Allerdings will der Funke nicht so richtig überspringen, der Auftritt wirkt recht beliebig. Man kennt halt die Hits, aber das Abendessen vom Chinamann gewinnt. Mit dem NINE INCH NAILS-Auftritt kurz vor Mitternacht wird es dann aber wieder spannend. Die recht statische Bühnenshow von Mastermind Trent Reznor wird durch zahlreiche visuelle Effekte und die fast beliebig austauschbaren Begleitmusiker ausgeglichen. Es ist fast alles in schwarz-weiß gehalten, Rhythmen werden projiziert, verschmelzen miteinander und lösen sich in geometrische Figuren auf. Songs wie „March of the Pigs“ und „Closer“ sind ohren- und körperbetäubend. Die Zugabe bildet natürlich das von Johnny Cash berühmt gemachte „Hurt“ in der originalen schräg-industrial Version. Zu ANTHRAX ist es dann in der Halle so voll, dass der Zugang gesperrt wird. Na gut, dann eben Bier…

Tag 3 hat dann wieder einiges Interessantes zu bieten. Inzwischen gibt es Beregnungsanlagen und freies Trinkwasser für alle, was zu der ein oder anderen Wasserschlacht führt. Die Australier KARNIVOOL sind noch etwas zu vertrackt für den frühen Morgen, aber als dann die Eulendichte auf der Bühne signifikant zunimmt, ist klar, wer momentan der erfolgreichste Metalexport aus Norwegen ist: KVELERTAKs Erlend Hjelvik singt „Apenbaring“ wieder mit besagtem Vogel auf dem Kopf. Der von bösen Zungen Hipster-Metal genannte Black’n’Roll/Hardcore-Mix des Sextetts bringt das Publikum in Wallung, obwohl die gesamten Texte auf Norwegisch sind.

Dichter drängen sich die Menschen dann direkt vor der Bühne (vielleicht weil es dort den ersten Schatten gibt) dann bei OPETH. Die Schweden „aus Düsseldorf“ (O-Ton Akerfeldt) haben Zeit für fünf Lieder. Den Anfang macht „Devil’s Orchard“. Während die Stimme des Frontmannes den Klargesang gut meistert, sind die Growlpassagen doch inzwischen etwas schwierig geworden. Das Set ist dementsprechend angepasst: „Heir Apparent“, „Hope Leaves“, das sehr ruhige „Deliverance“ und zum Abschluss „Blackwater Park“ lassen die 50 Minuten schnell vergehen.

Dann werden auf der Bühne Schützengräben ausgehoben und Sandsäcke in Stellung gebracht. Die Breitseiten von HEAVEN SHALL BURN, mit wie immer sehr unterhaltsamen thüringisch-deutschen Ansagen von Frontmann Marcus Bischoff, verfehlen ihr Ziel nicht, auf Dauer fehlt auch etwas die Abwechslung. SLAYER (beziehungsweise das, was davon noch übrig ist) schlagen danach in dieselbe Kerbe. Sie spielen halt ihre „Hits“ runter, erinnern mit Backdrop an Jeff Hanneman und  unterhalten die, die eh schon alle Lieder in und auswendig kennen. Viele neue Fans werden sie allerdings nicht gewonnen haben.

Während LINKIN PARK auf der Mainstage sehr elektronisch und vorhersehbar zu Werke gehen, gibt sich ROB ZOMBIE auf der Nebenbühne die Ehre. Mit (we are an) „American Band“ wird gleich mal Position bezogen. Auch WHITE ZOMBIE-Lieder wie „More Human“ (than human…) schaffen es auf die Setlist der Industrial Metaller, „Dragula“ bildet den Abschluss für die erschöpfte Menge. Danach heißt es dann schnell vor JAN DELAY flüchten…

Der Montag wird auf der Hauptbühne fulminant von BLACK STONE CHERRY eröffnet. Die Southern Rocker machen richtig Spaß, der Sänger hört sich an wie Axl Rose zu seinen besten Zeiten. You can’t judge a book by looking at the cover („Lonely Train“). TRIVIUM danach können dann die Power nicht halten und werden von vielen eher phlegmatisch hingenommen. Für viele ist die Wasserstelle dann auch der Place to be. Anschließend wird es Zeit für die alten Herren des Punkrock: Zuerst PENNYWISE. „Bro Hymn“ sorgt natürlich für die mit Abstand meiste Stimmung. Die spontane Abstimmung (ohne SMS…), von welcher Band noch ein Song gespielt werden soll, gewinnt NIRVANA.

Während einige sich die BABYSHAMBLES und Pete Doherty anschauen wollen, bevor er sich den Goldenen Schuss setzt, entern OFFSPRING die Mainstage. Die spielen ein zweigeteiltes Set, was man auch am Backdrop erkennt. Den Anfang macht das Smash-Cover. Die Klassiker „Smash“, „Come Out and Play“ etc. singt Frontmann Dexter Holland professionell und stoisch hinter seiner schwarzen Sonnenbrille. Nach 40 Minuten ist es dann Zeit für die neueren Stücke. Das heißt, alles ab „Americana“ (1998). Ist es nicht frustrierend, wenn ein Song vor 15 Jahren rauskam und trotzdem noch zu neu ist um ihn zu kennen?

Ganz anders ist das bei den wahren Headlinern IRON MAIDEN. Die waren auch schon vor 15 Jahren alt und halten sich gar nicht erst mit neuen Sachen auf. Die Bühne ist dekoriert wie zu „Seventh Son“-Zeiten und dem passt sich die Setlist an. „Moonchild“ und „Can I play with madness“ machen den Anfang. Bruce Dickinson hat irgendwie Tonprobleme. Der Gesang verändert dauernd die Lautstärke, teilweise kommt er gar nicht an. „The Prisoner“ startet mit passendem 80er-Jahre-Video-Intro. Bei fast jedem Lied werden munter die Backdrops getauscht, bei „The Trooper“ eifrig die Flagge geschwenkt. Das für einige Jahre letzte Maiden-Konzert in Deutschland holt nochmal die letzten Reserven aus dem Publikum. „The Number of the Beast“ wird mitten im Set gespielt und natürlich eifrig mitgesungen, genau wie „Run to the Hills“. „Fear Of The Dark“ sorgt für den größten Gänsehautfaktor. Als Zugaben kommt „Aces High“, „The Evil That Man Do“ und „Sanctuary“ bevor Monty Python klar machen, dass das Festival endgültig vorbei ist.

Für 200€ gab es einigen Metal fürs Geld und diverse Bands, die man sonst wohl nie zu sehen bekommen hätte. Und die Popper-, Nervensägen- und Normalo-Dichte ist auch nicht viel höher als sie mittlerweile in Wacken ist. Aber wenigstens war Jan Delay da nur zu Besuch und hat nicht auch noch gesungen…

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