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Ragnarök bedeutet auf gut-englisch ja „Twilight of the Gods“ und da fühlen wir uns als Twilight-Magazin (since 1998™) natürlich jedes Jahr dazu berufen, das schönste Festival des bisherigen Jahres journalistisch zu begleiten. Da Jesus dieses Jahr mal wieder recht früh gestorben ist, findet die diesjährige Ausgabe, traditionell eine Woche nach der Kreuzigung, schon Anfang April statt. Nur unser Fotograf ist zu dieser Jahreszeit hart genug für die Camping-Experience, der Rest quartiert sich entspannt bei der „schönen Schnitterin“ ein (die sich allerdings höchstens des Nachts als Sukkubus blicken lässt), was im Laufe der Tage noch zu etwas Frustration mit den örtlichen Nahverkehrsbetrieben sorgen sollte.

Seit einiger Zeit gibt es zum ursprünglich zweitägigen Festival den Donnerstag als Bonus dazu, auf dem schon fünf Bands ihr Können unter Beweis stellen. Das Ragnarök zeichnet sich nicht nur durch seine Fannähe aus, sondern schafft auch für kleinere Bands ideale Voraussetzungen. So wurden die Opener-Slots durch eine Online-Abstimmung gefüllt und jede Band bekommt eine ordentliche Spielzeit von mindestens vierzig Minuten.

In der Lichtenfelser Stadthalle wird auch dieses Jahr wieder mit dem bewährten Zwei-Bühnen-Setup gearbeitet. Während die eine Seite musikalisch abgerissen wird, arbeitet auf der anderen Seite die Crew unermüdlich an den Vorbereitungen für die nächste Band. So können Umbaupausen auf ein Minimum reduziert werden, allerdings hätte dem ein oder anderen Auftritt ein längerer Soundcheck ganz gut getan. Dann hätte man auch mehr Zeit für ein Knobi-Brot oder Barbarenspieß vor der Halle. Da es am Donnerstag jedoch in Strömen regnet, blieb man zumindest heute auch so gerne Indoor.

Nicht nur deswegen ist dann schon ordentlich was los, als die Würzburger BOÖTES VOID um 19 Uhr das bunte Treiben eröffnen. Der Black Metal-Geheimtipp nutzt die Gunst der Stunde, um ihr letztes Album „Singularity“ zu präsentieren. Wenn auch die Musik nicht so außerirdisch war, wie der Bandname vermuten lässt, wird die Harte-Metall-Messlatte gleich zu Beginn ordentlich hochgelegt.

Nach einem unspektakulären Auftritt von GASBRAND, die ihre giftigen, kriegs-geschwängerten Machwerke ins Publikum spucken, schlägt dann VERMILIA eine ganz andere Richtung ein, die bei ihrem Ein-Frau-Projekt plus Begleitband natürlich selbst im Mittelpunkt steht. Die gefälligen Melodien, die aus der Black-Metal-Ursuppe engelsgleich emporschweben und von der Finnin mal gesanglich und mal mit Querflöte vorgetragen werden, lassen auch die eisigsten Herzen der grimmigsten Misanthropen im Publikum schmelzen.

Der wohl am sehnlichsten erwartete Auftritt des heutigen Abends beginnt um halb zehn, als ROBSE seinen ersten Auftritt überhaupt als Solokünstler absolviert. Der Sänger, der hauptsächlich durch seine Sangeskünste bei Equilibrium bekannt wurde, hat wohl gerade rechtzeitig den Absprung geschafft, wenn man sich so das neueste Machwerk mit starker Nu-Metal-Schlagseite seiner Ex-Kollegen anhört.
Auch wenn Robses Debütalbum „Harlekin und Krieger“ erst im Mai erscheinen wird, erkennt man durch die Vorauskopplungen, dass der Fokus weiterhin auf Mittelalter-Folkmetal mit rauer Schlagseite liegen wird. Dass die Band so noch nie zusammen gespielt hat, merkt man ihr nicht an und natürlich liefert Robes markantes Vokalorgan sofortigen Wiedererkennungswert. Die Rampensau motiviert die volle Halle immer wieder zum Mitsingen, was auch ohne Textsicherheit hervorragend gelingt. Hu-Ha-Chöre bei „Amenthes“ oder die ein Tag vorher erschienen neue Single „Flamme der Revolution“ sowie der als weiterer Saufsong angekündigte „Von der Schenke zur Taverne“ lassen den Funken schnell überspringen.

Etwas ernsthafter geht es dann bei VARG zu, deren große Fanbasis keine weitere Motivation braucht, um ihre Idole abzufeiern. Neben zahlreichen Schildmaiden haben die Lokalmatadoren auch ordentlich Pyro mitgebracht, dass sie in die Halle ballern. Musikalisch gibt die Gruppe dem Publikum, was es verlangt: Neben ihrem „Lieblings-Hinrichungsritual“ „Blutaar“ und manchmal etwas in den Kitsch abrutschenden Wikinger-Songs wird auch das letzte Album „Ewige Wacht“ abgefeiert.

Anschließend ist die Party natürlich noch nicht vorbei und die Metal-Party geht weiter bis in die frühen Morgenstunden.


Am zweiten Tag des Ragnarök Festivals wird die Metal-Gemeinde erneut in eine Welt voller düsterer Klänge und mitreißender Auftritte entführt.
Die erste Band des Tages ist CALAROOK, die als Piraten verkleidet auftreten und das Publikum mit ihrem unkonventionellen Stil begeistern. Während des Auftritts packt das Publikum die "Galeere" aus und rudert unter viel Beifall der Umstehenden. Morgengymnastik mal anders.

THEOTOXIN setzen mit ihrem Black Metal in ordentlicher Lautstärke ein starkes Statement. Ihre düsteren Klänge und das ganz in schwarz-weiß gehaltene Bühnenacting fesseln die Zuhörer und sorgten für eine intensive Atmosphäre, die lange nachwirkt.

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WALDGEFLÜSTER bringen trotz ihres Namens kein Geflüster, sondern einen melodiösen Gesang und eine fesselnde Stimmung auf die Bühne. Besonders beeindruckend ist die Performance ihres Songs "Seelenland", der mit ruhigen Passagen und einem Rabenintro die Anwesende in seinen Bann zieht.

IMPERIUM DEKADENZ, bekannt für ihren Black Metal aus dem Schwarzwald, sorgten mit einem atmosphärischen Intro und wildem Headbangen für Aufsehen. Der Sänger lässt seine lange Mähne fliegen und überträgt sine Energie mühelos aufs Publikum.

LUNAR AURORA präsentieren dan im Gegensatz dazu einen melodiösen und getragenen Stil, der von Klargesang und kreischenden Vocals geprägt ist. Sie beenden ihr Set mit "The Night Whispers" und runden damit ihren Auftritt eindrucksvoll ab, bevor WINTERFYLLETH eine energiegeladene Performance liefern, die die Halle zum Beben bring. Mit Songs wie "Reckoning Dawn" ziehen sie das Publikum in ihren Bann, obwohl sie in der Mitte des Auftritts etwas an Dynamik verlieren. Aber irgendwann muss man ja auch mal was zu Futtern bei "Brathahn statt Satan" besorgen.

METSATÖLL sind dann heute die ersten, die mit Flöten und Dudelsack eine besondere Note auf die Bühne bringen und erzeugen eine Atmosphäre von Naturverbundenheit und Geschichten. Besonders der getragene Song "Ballaad Punastest Paeltest" sorgte für Begeisterung beim Publikum.

Die Vielfältigkeit des Ragnarök-Festivals sieht man heute ganz besonders: Nach lupenreinem Black und Death Metal, sowie anschließendem Folk mit Dudelsack und Flöte geht es mit THE VISION BLEAK ins Gothic-Genre. Kurz vor dem Auftritt des heimlichen Headliners Kanonenfieber hat sich eine beachtliche Menge vor der Bühne versammelt, um Konstanz‘ und Schwadorfs Auftritt zu verfolgen. Auch wenn die Veröffentlichung des neuen Albums „Weird Tales“ kurz bevor steht, wartet ein Großteil natürlich auf die Carpathia- und Deathship-Klassiker der ersten Alben, mit denen die Band ihren eigenen transsilvanischen Stil geprägt hat. Die zwei neuen Songs „In Rue d’Auseil“ und „The Premature Burial“ werden höflich aufgenommen, doch seinen Höhepunkt erreicht das Set natürlich mit dem obligatorischen „Kutulu, Kutulu, ftagn, ftagn“-Wechselgesang. Das sollte auf jeden Fall den „Großen Alten“ geweckt haben!

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KANONENFIEBER holen uns dann zurück in die knallharte Realität des ersten Weltkriegs. Mit einer beeindruckenden Bühnenshow, inklusive Sandsäcken und WK1-Kanonen, stellen die anonymen Bamberger das Highlight für viele Zuschauer dar. Mit "Füsilier I + II" und einer eindrucksvollen Feuershow, unter der vermutlich einige Augenbrauen der ersten Reihen leiden, begeistern sie die Menge. Zum Abschluss geht es mit dem U-Bootsmann auf Hohe See. Beide Lieder der EP stehen auf der Setlist und werden ebenso gefeiert.

Zurück in mystische Welten geht es dann mit FINNTROLL. Sogar spitze Troll-Ohren und passende Verkleidungen haben die Finnen mitgebracht. Außerdem eine ganze Reihe an Schlachtsongs wie „Slaget vi blodsälv“, die schon über 20 Jahre auf dem krummen Buckel haben und zu einer ordentlichen Moshpit animieren. "Trollhammeren" sorgt natürlich für den Mitgröhlfaktor und ausgelassene Stimmung und Special Effects wie eine Geige vom Band verstärkten die Atmosphäre.

Für einige genau das Richtige zum Tagesausklang ist dann PERCHTA, die den Abend mit einem fesselnden Auftritt beenden, der World-Music-Klänge mit schamanischen Ritualen vereinte. Die Tirolein singt dabei im lokalen Dialekt und bedient einige außergewöhnliche Instrumente wie Maultrommel und Teufelsgeige. Aber auch ihr innerer Dämon kommt nicht nur bei der neuen Single "Vom Verlanga", die einen Vorgeschmack auf das neue Album gibt und vom Publikum begeistert aufgenommen wurde.

Insgesamt war der zweite Tag des Ragnarök Festivals ein weiteres Highlight für Metal-Fans, die sich in die Welt der düsteren Klänge und energiegeladenen Auftritte entführen ließen. Für Abwechslung war bei diesem hochkarätigen Lineup auf jeden Fall gesorgt!


Der Samstag meldet sich dann mit schönstem Sonnenwetter, so dass viele Anwesenden ihr inzwischen lauwarmes Bier gerne draußen auf dem Zeltplatz, beim Caravan oder im Biergarten genießen. Doch auch drinnen gibt es schon einiges zu entdecken:

Die Band VANSIND eröffnete den Samstag mit ihrem markanten Dudelsack-Sound und setzte sofort eine ausgelassene Stimmung. Bei ELLEREVE ist das Aufregendste erstmal die Aussprache des Namens (Englisch? Französisch? Deutsch?), die Sängerin bietet ruhige, post-poppige Songs mit stoischer Präsenz, bei der es eher selten ruppiger zugeht.

SAGENBRINGER lieferten eine richtig gute Show und feierten gleichzeitig die Veröffentlichung ihres neuen Albums. Der Auftritt sorgte für einen wilden Moshpit und begeisterte Fans, die den Release gebührend feiern.

ISTAPP inszenieren sich dann als stark gepanzerte Orkarmee, die nebenbei ordentlich melodischen Black Metal spielen kann. Zusätzlich überraschen sie mit einem Gastauftritt von Alboin von der Band Eis an den Vocals, der einen besonderen Touch zu ihrem Auftritt beisteuert. Mit cleanen Vocals und Chorälen sind sie atmosphärisch ganz weit vorne, auch wenn diese hauptsächlich vom Band eingespielt werden.

Zum ersten Mal richtig voll in der Halle wird es dann bei HORN, die auch auf ihrem neuen Album heidnischen Black Metal mit lokaler Prägung präsentieren. Die für Uneingeweihte unverständliche Texte aus einer anderen Welt schaffen eine mystische Atmosphäre, bei der der abwechslungsreiche Stil einen bleibenden Eindruck hinterlässt.

Den Auftritt der Engländer FEN nutzen dann zahlreiche Anwesenden, um ihre Stamina und Mana-Werte an den Außenständen aufzufüllen. Dadurch verpassen sie aber einen sehr interessanten und eigenständigen Post-Black-Metal-Auftritt.

Bei NON EST DEUS sorgen nicht nur die offensichtlichen Gerüchte, dass hinter der Maskierung die gleichen Bamberger wie vom Vortag stecken, für einen vollen Bühnengraben. Ihr Auftritt in weißen Kutten und okkulten Paraphernalien, begleitet von Feuerstößen links und rechts bietet eine beeindruckende visuelle Darbietung.

CRUACHAN feiern 30 Jahre im Geschäft mit einem Auftritt, der vollkommen authentisch ist. Hier steht die Musik um Vordergrund und wahre Handarbeit wird groß geschrieben. Neben der Geigerin darf Kim Dylla (die auch schon bei Gwar und Children of Bodom aushalf) ihre Gesangskünste darbieten. Mit eingängigen Songs wie "The Reaper" und "The Crow" begeisterten sie das Publikum, besonders "Some say the devil is dead" hallt noch lange nach.

NORDJEVEL präsentieren anschließend brutalen Black Metal, der das Publikum mit seinem geballten Sound umhaut. Mit ihrem langsamsten Song „Sunset“ beenden sie ihren Auftritt, um Platz für HERETOIR zu machen. Die sind geraden mit ihrem neuen Album „Nightsphere“ auf Tour, haben für das Festival aber den Fokus auf ältere Stücke gelegt. Die Mannen rund um Frontmann Eklatanz haben mittlerweile ordentlich Bühnenerfahrung gesammelt und haben das Publikum mit ihrem originellen Post-Black-Metal im Griff.

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SAOR präsentierten dann ihre spezielle "Aura"-Show und legen den Fokus auf das 2014er Album. Wegen dem enormen Einsatz der Nebelmaschinen kann sich der geneigte Zuhörer voll und ganz auf den Folk-Black-Metal konzentrieren und wird nicht von der Background-Sängerin oder der Flötistin abgelenkt.

Erstaunlich, aber wahr: Auch KAMPFAR sind schon 30 Jahre im Geschäft und feiern das heute mit einem Headliner-würdigen Auftritt. Leider ist der Sound arg verwaschen und übersteuert. Trotzdem gibt es immer wieder Mitsing-Chöre des Publikums, die sich von Frontsau Dolk zusätzlich animieren lassen und spätestens bei „Norse“ gibt es auch vor der Bühne kein Halten mehr.

Dann kommt es, wie kurzfristig angekündigt wird, zu einer Planänderung: Da Primordial noch in den Fängen der internationalen Luftfahrt gefangen sind, dürfen spontan ORIGIN den begehrten 22:30 Uhr-Slot übernehmen. Mit „We don’t have any fuckin‘ Flutes“ setzt Frontmann Jason Keyser das Thema des Auftritts. So kann auch niemand überrascht sein, dass die Amis mit ihrem technical Death Metal keine Gefangenen machen und den ein oder anderen Langhaar-Kopf abschrauben. Es ist beeindruckend, dem Gitarren- und Bassgewichse der Saitenfraktion bei Songs wie „The Terrorizer“ zuzuschauen, während rechts und links die Crowdsurfer nach vorne getragen werden.

Da MARDUK und ORIGIN derzeit zusammen touren und das gleiche Equipment nutzen, finden ausnahmsweise zwei Gigs hintereinander auf der gleichen Bühnenseite statt. Dadurch dauert der Umbau ein paar Minuten länger, während sich hinterm Vorhang Drummer Simon schon mal warmschießt. Dann zerficken einem die Schweden echt das Trommelfell. Die Snare ballert im Fotograben aus den Boxen als hätte man ein M16 direkt am Ohr. Mit 'On Darkened Wings' von 1993 geht es oldschoolig los, ehe mit 'Blood Of The Funeral' oder 'Shovel Beats Sceptre' auch Aktuelles hinterhergeschossen wird. Gewohnt routiniert zocken die Mannen um Sänger Mortuus und Gitarrist Morgan ihr Programm runter. Und endlich gelandet, schaut auch PRIMORDIAL-Sänger Alan zu 'Accuser / Opposer' für einen kurzen Gastauftritt vorbei. Schade nur, dass es inzwischen nur noch maximal ein Song vom Album-Klassiker "Panzer Division Marduk" in die Setlisten schafft und der in der Regel nicht auf den Namen 'Christraping Black Metal' hört. Sei's drum, ein Tinnitus ist mir trotzdem für die nächsten 48 Stunden gewiss.
[Carsten Praeg / Powermetal.de]

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Den krönenden Abschluss übernehmen dann PRIMORDIAL, die quasi direkt aus dem Tourbus auf die Bühne stolpern. Mit ihrem epischen unnachahmlichen Pagan Metal schaffen sie es noch einmal, das Publikum wachzurütteln. Nemtheangas Aufforderungen sind eigentlich unnötig; die Haare fliegen und es wird gemosht und mitgesungen, was der Körper nach drei Tagen Extremsport noch hergibt. Szene-Hits wie „As Rome burns“, „No Grave deep enough“ und das epische „Empire Falls“ werden gefeiert, bis der letzte Vorhang fällt! So viele Zuschauer hatte wohl noch keine Band am letzten Festivaltag um kurz nach 2.

Anschließend geht die Party noch vor der Halle weiter, bis die freundliche Security nachdrücklich das Gelände räumt und man auf seinen eigenen Vorrat auf dem Zeltplatz zurückgreifen muss. Auch dieses Jahr wird jeder zu Hause von einem fantastischen Festival schwärmen können!

Fotos: Carsten Brand / brandlicht.de

Kategorie

Headliner

Marduk, Primordial, Finntroll, Kanonenfieber, Varg

Besucher

4500

Ort

Stadthalle Lichtenfels

Line Up

Kampfar / Saor / Ellereve / Primordial / Horn / Cruachan / Boötes Void / Gasbrand / Vermilia / Varg / Calarook / Suotana / Vanaheim / Theotoxin / Waldgeflüster / Imperium Dekadenz / Winterfylleth / Metsatöll / The Vision Bleak / Kanonenfieber / Finntroll / Perchta / Vansind / Sagenbringer / Istapp / Fen / Non est Deus / Nordjevel / Heretoir / Marduk / Origin / Robse
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